Jonas Lähnemann
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Mount Kenia die Zweite oder wie man als Weisser unauffaellig in einem Bus mit kenianischen Studenten mitfaehrt
Ein Abenteuer in drei langen Akten
Nairobi, den 1.3.2005

* Prolog: *
Die erste Tour auf den Mount Kenia kurz vor Weihnachten hatte mir ja sehr viel Spass gemacht und trotz der naechtlichen Kaelte war es unglaublich schoen. Es stand fuer mich schnell fest: Da muss ich noch mal hin. Und diese Moeglichkeit schien sich schon recht bald zu ergeben, als mir vor ein paar Wochen ein paar Botanik-Studenten erzaehlten, dass sie dorthin fahren und ob wir nicht mitkommen woellten. Da war ich sofort begeistert und Sebastian auch. Es ergab sich nur ein Problem, wir sind ja nicht in dem entsprechenden Botanik-Kurs und die Dozentin schien nicht gewillt uns mitzunehmen. Die Studenten verhandelten fuer uns - wir wollten ja nicht auf Unikosten fahren, wuerden den Eintritt zahlen und Essen mitnehmen, Ausruestung vom Zelt bis zum Schlafsack haben wir auch alles, d.h. wir wollten gerne die Busfahrt und die Gesellschaft der Studenten. Ganz unkenianisch (sie ist auch Koreanerin, seit laengerem hier und faehrt jedes Jahr mit Studenten dort hin) meinte sie aber es waere ein Versicherungsproblem wenn wir in dem Bus mitfahren. Aber wir hatten inzwischen so viel Lust bekommen und auch die Kenianer wollten uns dabeihaben.

* 1. Akt: Hinfahrt *
Zwischenzeitlich wurde in Betracht gezogen, dass wir auf eigene Faust zum Gate des Parks fahren, doch vor allem die letzten 18km waeren unter Umstaenden aufwendig und teuer geworden. Doch dann haben wir es kenianisch geloest, d.h. es wird schon irgendwie klappen. Die Dozentin sollte mit einem LandRover der Uni vorwegfahren, aber den Bus unterwegs treffen. Letzten Freitag standen wir dann voll bepackt vor der Bibliothek und warteten auf den Anruf (ein Handy kann doch ganz geschickt sein), dass die Dozentin abgefahren sei und wir um die Ecke zum Bus gehen koennten. Als wir einstiegen, ein ganzer Bus fuer 20 Studenten und somit war noch unglaublich viel Platz, waren der Busfahrer, ein Techniker der die Tour begleitete und die anderen Studenten schon eingeweiht und niemand hatte irgendwelche Bedenken. Erster Schritt geschafft. Aber schon auf dem Weg aus Nairobi raus wartete die Dozentin nochmal an einer Tankstelle auf uns, um ein paar Studenten mitzunehmen, die mit ihr einkaufen sollten. Wir hingen dann in den hinteren Reihen zwischen Rucksaecken tief in den Sitzen, damit man uns weder von vorne, noch durch die Fenster sehen konnte. An der Decke sah ich in verschwommener Spiegelung die Dozentin einsteigen und noch kurz zu den Studenten sprechen. Naechster Schritt geschafft, aber das sollte nicht alles sein, denn es mussten noch Einkaeufe gemacht werden und eine Mittagspause eingelegt werden. In Karatina, nach etwas 2/3 des Weges hielt der Bus vor einem Supermarkt, in dem die Dozentin schon zum Einkaufen war. Wir stiegen aus und gingen in ein Kaffee, wo wir fast wie im Krimi hinter Vorhaengen des Bus beobachten konnten, waehrend wir Pommes assen. Ein Anruf macht uns darauf aufmerksam wie die Dozentin im LandRover abfaehrt und kurz darauf gehen wir wieder zum Bus, doch zu frueh gefreut. Der LandRover kommt nochmal vom Markt zurueck und wir verstecken uns wieder. Dann halten wir noch im gleichen Ort wieder zum Mittagessen. Da wir das schon zu uns genommen haben bleiben wir im Bus und verstecken uns nochmal als alle wiederkommen. Als wir in Naru Moru von der Hauptstrasse abbiegen treffen wir den LandRover nochmal und wir liegen wieder zwischen Rucksaecken. Zum Glueck faehrt der Bus weiter, waehrend die letzten Einkaeufe getaetigt werden, und ist vor dem LandRover am Parkeingang (2400m), wo wir unerkannt aussteigen. Ganz keninianisch wird uns empfohlen dem Busfahrer ein kleines Trinkgeld zu geben. Unsere Taschen bleiben bei denen der anderen um zum ersten Camp gefahren zu werden, waehrend wir unseren Eintritt bezahlen. Nachdem wir mit dem Uni-Bus gekommen sind, bekommen wir das erste mal den Resident-Student Preis ohne eine lange Diskussion und unser Resident-Visa (was wir nach langem endlich haben) mussten wir nicht mal zeigen, der Studi-Ausweis reicht (wir zahlten 7 Euro fuer 4 Tage und 3 Naechte, das zahlt ein normaler Resident fuer 1 Tag und eine Nacht und ein Touri zahlt das doppelte fuer einen Tag). Zwischenzeitlich kommt die Dozentin hinzu um ihre Gruppe anzumelden, die dank schreiben der Parkverwaltung nicht zahlen muss, ihr wird es wohl immer ein Raetsel bleiben wie wir dort hingekommen sind. Wir laufen dann zusammen mit der ganzen Gruppe und ohne unser Gepaeck Richtung Meteorological Station (3050m) dem ersten Camp. Die Dozentin erklaert hin und wieder einem Teil der Studenten etwas zur Botanik, aber so wirklich wird das in den naechsten Tagen nicht durchgezogen. Das Auto, dass mit dem Gepaeck vorgefahren ist kommt zwei mal zurueck und so werden auch wir zwei Kilometer vor dem Camp noch eingesammelt.

* 2. Akt: Wandertage *
Waehrend die Studenten und Dozentin in der Research-Hut uebernachten, haben wir unser eigenes Zelt dabei und kochen dort unsere eigene Malzeit: Rote Linsen, Bulgur, getrocknete Tomaten und getrocknete Sojaproteine. Alles schoen leicht. Zum Fruehstueck sollte es dann Haferschleim geben. Wir schauen am Abend noch ein paar mal bei den anderen Studenten vorbei, die teilweise sogar in den Schlafsack gehuellt mit Taschenlampen- oder Kerzenlicht fuer Tests lernen - dazu haette ich bei einem solchen Ausflug nicht die Musse. Auch wenn wir spaeter aufgestanden sind, schaffen wir es am Samstag morgen um acht Uhr mit allen anderen fertig zu sein. Als ich anbiete das Gruppenfoto zu machen damit sie auch darauf sei, verneint die Dozentin, einer der wenigen kurzen Wortwechsel zwischen uns, aber sie spricht uns nie direkt an. Die Gruppe wandert an diesem Tag Richtung Mackinder's Camp (4300m). Wir sind im Vergleich luxerioes ausgeruestet. Ich sehe bei einer Studentin Stoffturnschuhe ohne Schnuersenkel, bei anderen alte Ausgehschuhe ohne jegliches Profil und mit loechern. Warme Klamotten hat zwar jeder irgendwie, aber die Schlafsaecke sind nicht besonders und Isomatten haben nur wenige. Waehrend der Wanderung wird das Gepaeck in den verschiedensten Rucksaecken mitgeschleppt und das Essen oder der Schlafsack noch in einer Plastiktuete in der Hand! So unvorbereitet mit Leuten loszuziehen finde ich ja weitaus unverantwortlicher, als jemanden im bus mitzunehmen (auch gibt sie unterwegs teilweise Kopfschmerztabletten aus, die eines der Symptome von Problemen mit der Hoehenakklimatisierung unterdruecken, wogegen man eigentlich vor allem Wasser trinken sollte). Wir ueberreden noch einzelne die sperrigen Plastiktueten an die Rucksaecke zu binden. Der Weg ist oft ziemlich steil und so zieht sich die Gruppe ziemlich auseinander, denn die schnellsten scheinen nicht gewillt auch mal mit den Nachzueglern zu gehen, aber in regelmaessigen Abstaenden trifft man sich bei Pausen wieder. Die Dozentin erklaert in mancher Pause ein wenig die Botanik und zwischendrin einer Hand voll Studenten, die mit ihr wandern. Nach der Haelfte des Weges klappt es auch mit den gemeinsamen Pausen nicht mehr und wir halten uns an Sarah, die uns als erste eingeladen hatte und motivieren sie ihren Rucksack (leichter als unsere mit dem Zelt) auch ohne andauernde Pausen weiterzuschleppen. Wir bauen unser Zelt neben der Huette auf, die eigentlich fuer Traeger gedacht ist, in der jetzt aber auch die Studenten uebernachten. Die Dozentin schlaeft in der besseren Huette fuer Touristen und taucht auch nur vereinzelt bei den Studenten auf, die selbststaendig ihr eigenes Ding drehen. Da die Studenten erst am naechsten Tag tagsueber zum Point Lenana (4985m, dritthoechster Gipfel) wollen, wobei nicht mal alle die Ambition haben es ueberhaupt zu probieren, und am Montag schon frueh wieder zurueck, entscheiden wir uns fuer einen naechtlichen Aufstieg auf eigene Faust. Zum Glueck finden wir noch zwei Briten mit Guide, denen wir uns anschliessen koennen, denn trotz Mondschein waere der Weg nicht immer einfach zu finden gewesen. Nachdem wir das gleiche Abendessen wie am Vortag hatten (und feststellen, dass wir naechstes mal doch wieder etwas kreativer in der Wahl unserer Vorraete werden muessten um nicht den Appetit zu verlieren), gehen wir frueh schlafen. Um 1:30 stehen wir auf um eine Stunde damit zu verbringen Wasser auf dem Gaskocher zu erwaermen und je 2 Liter zu trinken, damit wir mit der schnellen Hoehenaenderung besser klarkommen - das war uns bei der letzten Tour empfohlem worden und schien sehr effektiv. Ab drei Uhr geht es dann langsam, um bei der duennen Luft nicht zu erschoepfen, den Weg Richtung Gipfel entlang. Der Mond scheint und macht Taschenlampen ueberfluessig. Die schwarzen Kulissen der verschiedenen Gipfel und die Weissen Flecken der Gletscher sind gut sichtbar, nur Point Lenana liegt meist verdeckt. Nach fast drei Stunden und nur wenigen kurzen Pausen erreichen wir die Austrian Hut (nur noch 200 Hoehenmeter unter dem Gipfel). Dort machen wir 20 Minuten Pause und obwohl in der Huette vom Wind geschuetzt friere ich trotz drei Hosen und fuenf Oberteilen fuerchterlich, ausserdem werde ich muede. Doch als wir nach der Pause weiterziehen wird mir schnell wieder warm und ich fuehle mich weniger erschoepft, als vor der Pause. Waehrend wir Schritt fuer Schritt dem Gipfel naeherkommen wird es langsam heller. Als die Sonne ueber den Wolken aufgeht sind wir noch ein Stueckchen vom Gipfel entfernt, haben aber bereits einen schoenen Ausblick Richtung Osten, sowie zu den hoechsten Gipfeln Batian und Nelian und da bei kraeftigem Wind Wolken um die Gipfel ziehen, aendert sich die Szenerie kontinuierlich. Ein spannendes Schauspiel. Die Briten entscheiden sich, dass es ihnen soweit reicht, und auch Sebastian denkt an einen Rueckzug, waehrend dafuer plaediere noch die letzten (vielleicht 50 Hoehenmeter) bis Lenana zurueckzulegen. Als wir dort eine andere Gruppe ueber die zweite Route ankommen sehen (Deutsche, die ziemlich luxerioes mit zwei oder drei Traegern pro Person unterwegs sind, wie sich spaeter herausstellt) woraufhin auch wir noch den Mut bekommen das Abenteuer zu Ende zu bringen. Das Gefuehl oben zu sein war wieder ueberwaeltigend und Kaelte und Erschoepfung waren kaum noch spuerbar. Die Wolken bieten weiterhin eine Abwechslungsreiche Szenerie und so faellt es uns schwer uns loszureissen und nicht allzu viele Fotos zu machen. Vor dem Abstieg muss noch eine Geburtstags-SMS an meine Mutter verschickt werden - nach mehreren Versuchen, am Ende mit Sebastians Handy und schon fast steifen Finger scheint es endlich gelungen, aber ich bin mir nicht ganz sicher (wie sich nach der Rueckkehr herausstellte war es auch wirklich gelungen und hat viel Freude bereitet), aber ich war mir nicht ganz sicher. Mein Bruder war extra instruiert die SMS zu kontrollieren, was sonst nie geschieht. Den Rueckweg gehen wir ganz gemuetlich an, geniessen immer wieder die Aussicht und Szenerie und brauchen so genauso lange wie fuer den Aufstieg. Wir sind erst um elf wieder im Camp waehrend die anderen Studenten entweder auf dem Weg nach Lenana (wir trafen sie unterwegs) oder zu ein paar Gletscherseen sind und zum Glueck geht es erst am naechsten Morgen weiter abwaerts. Also erstmal etwas essen und schlafen. Der Nachmittag vergeht dann auch zwischen Gespraechen und Ausruhen. Abends frieren wir noch mit den anderen Studenten, die irgendwoher Holz fuer ein eigentlich nicht erlaubtes Lagerfeuer aufgetrieben haben, ehe wir uns doch lieber dem Zelt anvertrauen, dass in der Nacht eine leichte Eisdecke bekommt. Am Montag morgen starten wir mit Sarah als letzte den Abstieg und laufen recht flott (Sarah hatte sich fuer den Tag noch einen Traeger organisiert, der schon vorneweg war) - wo wir von der Met-Station auf dem Hinweg acht Stunden brauchten sind es diesmal nur etwas mehr als drei Stunden, aber mit wenig Pausen.

* 3. Akt: Rueckfahrt *
An der Met-Station packen wir wieder unser Gepaeck auf den LandRover, machen uns aber zu zweit auf den Fussweg zum Gate - die verbliebenen Studenten warten auf die Rueckkehr des Autos. Von der Last befreit sind wir noch schneller und legen die 9 Kilometer abwaerts in zwei Stunden zurueck. Kurz nach unserem Aufbruch beginnt es zu regnen und bald schuettet es in Stroemen, was den ganzen Weg nicht aufhoert. Die Regenjacke rettet zwar den Fotoapparat, haelt aber nicht vollstaendig dicht. Am Ende sind wir durchnaesst und meine Hose hat bei zwei Ausrutschern einigen Schlamm mitgenommen. Zum Glueck kann ich zumindest die Hose wechseln, denn ich hatte meine Regenhose (die niemals dichtgehalten haette) nicht angezogen. Der Bus war schon mit dem Gepaeck fort (wie wir spaeter erfuhren zum Krankenhaus, denn die Dozentin hatte sich zwei Frakturen am Arm zugezogen). Wir warten hier zwei Stunden mit zwei anderen Studenten, die frueher losgelaufen und so fast trocken geblieben sind. Der LandRover kommt erst ueberfuellt vorbei und bringt die Stundenten gleich zur Hauptstrasse, ehe er fuer die verbliebenen zurueckkommt. Inzwischen wusste die Dozentin ja offensichtlich von unserer Anwesenheit und wir erfahren per Anruf, dass sie den Fahrer isntruiert hat uns nicht mitzunehmen, da er aber von den anderen Studenten "eingeweiht" war kommen wir problemlos mit und es geht gleich weiter nach Karatina, wo die anderen schon mittagessen. Dort steigen wir etwas frueher aus dem Wagen aus und laufen den uns beschriebenen Weg Richtung Bus. Auf dem Weg begegnet uns dann ein ganzes Empfangskomitee von einigen Studentinnen, dem Techniker und den beiden Fahrern, die sicherstellen, dass die Dozentin uns nicht sieht und zum Bus lotsen, wo wir uns umziehen koennen. Der Plan fuehrt uns dann wieder in das Kaffee, in dem wir schon mal hinter Vorhaengen Pommes assen und wir warten, dass die Dozentin abfaehrt bekommen wir nochmal Besuch von zwei Studenten. Als wir schliesslich in den Bus steigen ist die Dozentin schon vorneweg und es gibt keine weitere Huerden auf dem Weg nach Nairobi. Unterwegs werden noch ein paar Schueler am Strassenrand fuer ein Stueck mitgenommen, ganz kenianisch eben.
Duschen, Sachen zum trocknen aufhaengen, Nudeln essen und schlafen heisst das restliche Programm fuer den Abend.

Knappes Fazit: Der Berg hat mir wieder viel Spass gemacht und natuerlich hatten wir nette Gesellschaft, auch wenn wir erstaunt waren, wie wenig die Gruppe beim Wandern zusammenblieb und wie abseits sich die Dozentin hielt. Das Busabenteuer war aufregend und schien ganz offensichtlich auch den Kenianern einen ziemlichen Spass bereitet zu haben - so billig werden wir nie wieder reisen und es ist doch ganz nett mal in einem Unibus mitzufahren.

Und wer bis hier gelesen hat, der sollte unbedingt mal vorbeikommen und den Berg mit mir besteigen - haben meine Eltern z.B. fuer diesen Sommer schon zugesichert!

PS: Foto von mir auf Point Lenana, aufgenommen mit Sebastians Digitalkamera. Weitere Fotos gibt es vom Aufstieg, den Gipfeltagen und vom Abstieg.



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