Jonas Lähnemann
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Meine ersten Reisen
Nairobi, den 15.11.2004

Heute frueh um sechs steige ich aus dem Bus von der ugandischen Grenze und laufe zum Studentenwohnheim. Die Umgebung hier ist mir schon so vertraut gegenueber dem Reisen, wo ich immer wieder an neue Orte komme. Irgendwie ist es da auch wie heimkommen, wenn ich so in mein Sechs-Quadratmeter-Reich zurueckkehre. Gerade sitze ich an meinem Schreibtisch, ich schaue auf das rote Dach der Mensa, sowie einige Palmen und viele andere Baeume; der Himmel aber ist grau in grau - gerade ist die kurze Regenzeit, was aber keinesfalls Dauerregen bedeutet, sondern immer noch viel Sonnenschein erlaubt.
Jetzt wird es aber auch mal Zeit, dass die Uni anfaengt, doch bevor das wieder neue Eindruecke bringt will ich meine Reiseerfahrungen der letzten Wochen zusammenfassen (und natuerlich besteht wieder mal die Gefahr, dass ich weit abschweifen werde) - seit meiner letzten Mail ist nun auch schon wieder ein Monat vergangen. Zum Trost fuer die, die bereits seit einigen Wochen am Pauken sind: ich habe zwar ueber Weihnachten nochmal vier Wochen frei, zwischen den beiden Semestern sind dann aber nur ein oder zwei Wochen Pause!

Grob gesagt war ich erst 10 Tage mit Sebastian an der kenianischen Kueste, dann ein paar Tage in Nairobi und nun die letzten zwei Wochen alleine in Uganda unterwegs und habe damit noch einmal ganz andere Einblicke in die Region bekommen. Wenn man den hektischen Staedten entflohen ist, die auch ihren Reiz haben, bietet Ostafrika unglaublich schoene Landschaften. Die kenianische Kueste ist dabei stark durch den Tourismus gepraegt, aber auch da finden sich ruhige Ecken.

Nach Mombasa haben wir die Eisenbahn genommen (eine der zwei Linien hier im Land, die aber auch nur noch drei mal woechentlich mit Nachtzuegen bedient werden). Dabei ist die Bahn zwar um einiges langsamer als ein Bus, aber ungleich bequemer, zumindest wenn man zweite Klasse (Liegewagen) faehrt und nicht dritte. Die Bahn hat sich aber einen gewissen kolonialen Touch erhalten. In den besseren Klassen sind vor allem Touristen und wenn man in den Speisewagen kommt werden dort die Europaer von Kenianern in hellen Anzuegen bedient. Wir hatten uns zum Glueck auf Selbstverpflegung eingestellt.
Mombasa ist zwar auch eine grosse Stadt, aber doch mit einer voellig anderen Praegung als das Wirtschaftszentrum Nairobi. Aufgrund der weitaus laengeren Geschichte dieser Stadt hat sie auch eine schoene Altstadt. Ein Grossteil der Bevoelkerung sind Muslime (ueberhaupt an der ganzen Kueste) und Hindus. Beides schon ein Einfluss der Seehandelsbeziehungen aus vorkolonialer Zeit, wobei die Briten noch einmal viele Inder ins Land und bis nach Uganda gebracht haben.
Waehrend Christopher mitgekommen war, aber in Mombasa blieb, sind Sebastian und ich die Kueste entlang nach Norden gereist. Den einzigen regnerischen Tag an der Kueste - dafuer hat es wirklich durchweg geschuettet - haben wir in Masindi verbracht. Zum Glueck war gerade keine Hochsaison (das sind Dezember/Januar und Juli/August), sonst waeren wir hier wohl auf lauter Italiener und Deutsche gestossen, aber so hielt es sich in Grenzen. Trotzdem haben einen hier und in Watamu, wo wir die naechsten drei Naechte blieben, nicht nur waehrend man mit Rucksack auf dem Weg zum Hotel war alle Leute angesprochen, sondern fast jeder dem man begegnete wollte einem etwas andrehen. Von Watamu aus haben wir aber Tagesausfluege gemacht und erst die Ruinen von Gede, einer ehemaligen Swahili Stadt aus dem Mittelalter besichtigt, die von einem Wald ueberwuchert sind. Da dort auch noch Affen beheimatet sind hat das schon ein wenig vom Dschungelbuch an sich. Am naechsten Tag waren wir in einem nahegelegenen Waldgebiet wandern und an einer Bucht mit Mangrovenwaeldern. Am dritten Tag hatte ich mich dann doch noch zum schnorcheln ueberreden lassen, was auch sehr schoen war, auch wenn ich die Korallen in Eilat etwas intakter und eindrucksvoller in Erinnerung hatte.
Highlight der Kuestenzeit waren aber drei Tage, die wir auf der Insel Lamu (ohne Autos!) verbracht haben. Auch hier ist man sehr auf Touristen eingestellt und die Schlepper der Hotels sind die schlimmsten, die ich je erlebt habe, sonst sind aber nur die Kapitaene der Dhows, der traditionellen Segelboote, etwas aufdringlicher und man kann gemuetlich durch die Engen Gassen des Ortes schlendern, oder ungestoert die herrlichen Straende entlangwandern. Die Mittagshitze liess sich mit der Seebrise auf dem Hoteldach recht gemuetlich verbringen. Kein Wundern, dass viele Reisende hier laenger haengenbleiben. Eine Segeltour haben wir uns auch nicht entgehen lassen - am liebsten haette ich natuerlich einfach nur ein Boot gemietet, aber das ist nicht so einfach und die Handhabung des Segels ist auch etwas ungewohnt. Waehrend der Bootstour gab es dann auch einige schoene Ausblickmoeglichkeiten auf die auch hier im Achterwasser der Inseln weit verbreiteten Mangroven. Dass gerade Ramadan war hat die Verpflegung tagsueber zwar ein wenig erschwert, dafuer war abends in den engen Gassen um so mehr los.
Auf dem Rueckweg sind wir wieder ueber Mombasa, wo ich mir noch eine nette Gewuerzsammlung zugelegt habe (der indische und arabische Einfluss - damit habe ich dann auch angefangen im Wohnheim selber zu kochen), und von dort mit dem Zug zurueck.

Waehrend der Tage in Nairobi habe ich dann das europaische Filmfestival am franzoesischen Kulturfestival genossen und bin mehrfach mit anderen Studenten dorthin gegangen. Als deutscher Beitrag kam Good Bye Lenin - kannte ich zwar schon - was natuerlich fuer unsere kenianischen Freunde ohne den deutschen geschichtlichen Hintergrund nicht so wirklich zu verstehen war. Bei einem oesterreichischen Film (Ikarus) habe ich mich dann schon gewundert mit was fuer belanglosen Problemen sich die Europaer so beschaeftigen. Der franzoesische Film „Loin", der in Marokko spielt, war aber wirklich sehr gut gemacht.
Dann war ich noch bei der Mr. Kenia Body-Builder-Competition. Haette ich auch nie getraeumt, dass ich da hingehen wuerde, aber Christopher und ich haben das einem Freund zu liebe gemacht der hier im Wohnheim wohnt, auch Physik studiert und in der Freizeit Krafttraining macht. Eine voellig absurde Sache wenn da junge Maenner ihre schon nicht mehr natuerlich aussehenden Muskeln vor einer Jury und dem Publikum zur Schau bieten. Erst haben sie auf Anfrage bestimmte Muskelpartien hervorgehoben und durften dann spaeter noch zu Musik posieren. Ich fuehlte mich voellig fehl am Platz fand das ganze auch etwas abstossend und habe es mir auch nur so lange angeschaut bis Castro auf der Buehne gewesen war. Das wird aber auch das letzte Mal gewesen sein, dass ich mir so etwas angetan habe.

Nachdem Sebastian erst mitkommen wollte, dann aber seine Meinung geaendert hat, da er zwischenzeitlichetwas krank gewesen war (ich hatte zwar auch schon mal einen Tag Fieber und auch mal eine Magenverstimmung, aber nichts ernsthaftes). Ich aber wollte die Zeit nutzen und bin wie nach Jordanien auf eigene Faust losgezogen und hatte zwei ruhige Wochen mit landschaftlich sehr schoenen Erlebnissen.
Der Nachtbus war weniger schlimm als erwartet und Uganda praesentierte sich ertsmal als etwas gruener als was ich von Kenia bisher gesehen habe. Die Regenzeit machte sich hier dann aber auch etwas oefter bemerkbar. Kampala selber liegt auf mehreren Huegeln und durch das gruen wirkt es etwas freundlicher als Nairobi - die Stadt ist aber auch sehr hektisch. Nach einem Tag dort und einem in Entebbe und dessen schoenen botanischen Garten hatte ich dann aber auch genug von der Grossstadt (bietet mir Nairobi ja ausreichend) und bin nach Nordwesten gefahren.
Im Budongo Waldschutzgebiet gibt es zwei Oekotourismus-Projekte. In einem davon, Busingiro war ich. Dort habe ich auf einem schoenen kleinen Campingplatz im Wald in einem Banda (kleine traditionelle Huette) zwei Tage verbracht. Die Ranger des Projektes haben Waldwanderungen angeboten und da es gerade sehr regnerisch war konnte ich den tropischen (Regen-)Wald auch wirklich im Regen erleben. Dank der Temperaturen war dieser aber nicht wirklich stoerend. Nachdem mich der Wald mit seinem dichten Unterholz und vielen Schlingpflanzen schon genug beeindruckt hat, habe ich am zweiten morgen noch die Hauptattraktion des Budongo Forest zu sehen bekommen: Eine der Schimpansengruppen. Waehrend die Ranger offensichtlich schon etwas gehoert hatten, war ich sehr uebberrascht als diese Affen in unmittelbarer Naehe einen Hoellenlaerm veranstaltet haben. Die meisten Mitglieder der Schimpansen sah man nur kurz, ehe sie sich irgendwo versteckten, aber mehrere blieben in Sichtweite auf den Baeumen und so konnte ich sie eine Weile beobachten (Hauptattraktion Ugandas sind uebrigends Berggorillas, aber eine Besichtigungserlaubnis kostet hier 360 Dollar, so dass ich darauf verzichtet habe). Danach war ich im Murchinson Falls National Park, wo der Nil einen imposanten Wasserfall hinabstuerzt. Die zwei Tage hier waren die teuersten in Uganda, denn sowohl ein Game Ride - bei dem ich viele Giraffen (sehr sehr elegante Tiere), einige Elefanten, afrikanische Bueffel, unterschiedliche Antilopen und verschiedenste Vogelarten gesehen habe - als auch eine Bootsfahrt zum Wasserfall - mit Ausblick auf Hippos (kein Wunder, dass sie Nilpferde genannt werden, so viele wie es davon im Nil gibt), Krokodile und wieder einige Elefanten - waren vergleichsweise teuer, aber eigentlich auch nicht. Nach einer weiteren Nacht in der netten Kleinstadt Masindi, die schon direkt ausserhalb des Zentrums einen doerflichen Charakter hat wo die Huetten und Haeuser von groesseren Gaerten umgeben sind, war ich nochmal einen Tag in Kampala.
Den Suedwesten des Landes, der auch sehr schoen sein soll habe ich mir fuer einen weiteren Besuch aufgehoben und bin von hier in den mir verbliebenen fuenf Tagen langsam ostwaerts zur kenianischen Grenze. Habe in Mabira einen weiteren tropischen Wald besucht - wieder mit so angenehmer Unterkunft in einer Huette. Als ich dann aber am naechsten Tag in einem Sammeltaxi nach Jinja an der "Quelle des Nils" (Abfluss aus dem Viktoriasee) fuhr, wurde mein Fotoapparat geklaut, was ich leider erst eine Stunde spaeter bemerkt habe – zu spaet um noch etwas zu unternehmen. Nachdem er waehrend ich an die Kueste gefahren bin mit einem blockierten Objektiv in Reperatur war, habe ich bisher nur wenige Fotos gemacht. Aber ich spiele schon mit dem Gedanken mir einen neuen zuzulegen. Dieses Aergernis hat die Freude ueber eine eigentlich sehr schoene Zeit etwas getruebt - die entspanntere Atmosphaere hat mich offensichtlich zur Unvorsichtigkeit verleitet - im Anschluss war ich aber noch zwei Naechte am Fusse des Mount Elgon, einem erloschenen Vulkan, wo mit den Sipi-Falls drei 80 bis 90 Meter beeindruckende Wasserfaelle zu sehen sind. Von dem Camp wo ich in wirklich traditionellen Lehm-Bandas mit Strohdach (sonst waren die Waende immer aus Beton gewesen) uebernachtet habe hatte man einen Blick auf einen der Wasserfaelle und ich habe mich hier nochmal ausgeruht und mit der Lektuere einer Einstein-Biographie auf den Unianfang eingestimmt.
Nach einer Nachtfahrt im Bus bin ich also jetzt wieder in Nairobi und inzwischen ist der Himmel vor meinem Fenster auch schon wieder blau, unterbrochen von nur ein paar Woelkchen.

Ach ja die Nachricht vom Ausgang der US-Wahl hat mich am ersten Tag in Kampala erreicht. Die Reaktionen darauf schienen recht unterschiedlich. Waehrend einige einfache Leute auf der Strasse, mit denen ich vor und nach der Wahl gesprochen verschiedene Meinungen hatten, erschien mir aus der Presse eher einer Kerry befuerwortende Haltung. Waehrend man hier natuerlich die internationalere Ausrichtung Kerrys bevorzugt, scheinen einigen Leuten und auch Kommentatoren der Zeitungen Bushs Orientierung an "christlichen Werten", wie ja auch den US-Waehlern, imponiert zu haben.

Das reicht jetzt aber erstmal wieder. In der naechsten Mail gibt es dann wieder etwas mehr aus dem Leben in Nairobi und weniger Reiseberichte.

PS: Fotos aus Uganda

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